Betroffene kennen das Gefühl, wenn die Haut immer wieder furchtbar juckt, manche Stellen sich röten oder sogar schuppen. Typisch ist, dass die Symptome schubweise auftreten. Doch was ist Neurodermitis eigentlich genau?
Neurodermitis oder atopisches Ekzem?
Neurodermitis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die in Schüben verläuft und oft von einem quälenden Juckreiz begleitet wird. Früher glaubte man, dass die chronische Hauterkrankung auf eine Entzündung der Nerven zurückgehe. Daher wurde sie zunächst als „Neurodermitis“ (Neuro = Nerven, Dermatitis = Entzündung der Haut) genannt. Heute weiß man, dass bei Betroffenen eine Neigung zu allergischen Reaktionen vorliegt. Diese wird in der Medizin als „Atopie“ bezeichnet. In der medizinischen Fachsprache haben sich daher die Begriffe „atopische Dermatitis“ oder „atopisches Ekzem“ etabliert.
Symptome bei Neurodermitis
1 / 4
Trockene und empfindliche Haut
2 / 4
Oft quälender Juckreiz
3 / 4
Gerötete Haut, Bläschen
4 / 4
Schuppende, nässende Stellen
Wichtige Fakten zum Krankheitsbild
Neurodermitis …
… ist eine chronische bzw. chronisch wiederkehrende Hauterkrankung, die durch Entzündungen der Haut gekennzeichnet ist. Neurodermitis ist nicht ansteckend.
… verläuft in Schüben, die durch vielfältige Provokationsfaktoren wie Seife, Pollen, Stress oder klimatische Einflüsse ausgelöst werden können.
… zeigt sich im akuten Schub durch Ekzeme (Hautentzündungen) mit Rötungen, Knötchen, Schwellungen, Bläschen und nässende Stellen. Typisch ist ein oft quälender Juckreiz.
…ist durch eine chronische Störung der Hautbarriere gekennzeichnet. Diese hat zur Folge, dass die Haut sehr trocken ist und ausgesprochen empfindlich reagiert.
… beginnt oft bereits im Säuglingsalter und zählt zu den häufigsten entzündlichen Hauterkrankungen im Kindesalter. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen treten die Symptome auch noch im Erwachsenenalter auf.
… ist derzeit nicht heilbar. Die Symptome können jedoch in vielen Fällen durch eine konsequente Hautpflege und entzündungshemmende Salben gut behandelt werden. Mehr zur Behandlung
Merkmale der Neurodermitis
Juckreiz, oft stark ausgeprägt
Hauttrockenheit (Xerosis)
Gestörte Hautbarriere
Veranlagung zu Allergien
Gestörte Hautflora (Mikrobiom)
Wie entwickelt sich eine Neurodermitis?
Die genauen Ursachen für die Entstehung der Erkrankung sind noch nicht vollständig erforscht. Inzwischen ist jedoch bekannt, dass ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren wie Gene, Immunsystem und Umwelteinflüsse dazu führt, dass sich die Hautsymptome entwickeln. Ein zentrales Merkmal der Neurodermitis ist eine gestörte Hautbarriere: Der Aufbau der Hautschichten ist beeinträchtigt, was dazu führt, dass die Haut vermehrt Feuchtigkeit verliert und Krankheitserreger und Allergene leichter eindringen können. Auffällig ist zudem, dass die Zusammensetzung der auf der Haut lebenden Keime (Hautflora) bei Neurodermitis häufig verändert ist.
Bei vielen Betroffenen reagiert das Immunsystem übermäßig stark auf eigentlich harmlose Substanzen wie Pollen, Seife oder Schweiß. Daher entzündet sich die Haut immer wieder und rötet sich, juckt und bildet Bläschen. Mehr über die Ursachen der Neurodermitis
Formen der Neurodermitis
Grundsätzlich unterscheidet man die intrinsische Form der Neurodermitis von der extrinsischen. Für diese Abgrenzung ist der Nachweis von Immunglobulin E (IgE) ausschlaggebend. Dabei handelt es sich um Antikörper, die bei allergischen Reaktionen, zum Beispiel auf Pollen oder Tierhaare, eine Schlüsselrolle spielen. IgE regt unter anderem die Ausschüttung von Entzündungsstoffen wie Histamin an. Histamin scheint für den quälenden Juckreiz bei Neurodermitis mit verantwortlich zu sein.
Extrinsische Form der Neurodermitis: Dabei handelt es sich um die häufigste Form der Neurodermitis, die durch einen erhöhten IgE-Spiegel gekennzeichnet ist. Für Betroffene bedeutet dies, dass die Hautsymptome der Erkrankung durch Allergene (z. B. Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare) getriggert bzw. verschlimmert werden können. Für Betroffene bedeutet dies, dass die Vermeidung des Kontakts mit den individuellen Provokationsfaktoren ein wichtiger Bestandteil der Behandlung ist.
Intrinsische Form der Neurodermitis: Bei dieser Form der Erkrankung liegen die IgE-Spiegel im Normalbereich. Bei der Auslösung von Symptomen spielen allergische Reaktionen keine Rolle. Mit der Zeit kann allerdings eine intrinsische Form der Neurodermitis in eine extrinsische Form übergehen.
Das Erscheinungsbild der Neurodermitis ist abhängig vom Lebensalter:
Milchschorf: Bei Babys können schuppende, gelblich-bräunliche Krusten im Bereich der Kopfhaut das erste Anzeichen für eine Neurodermitis sein. Die Bezeichnung „Milchschorf“ rührt daher, dass die krustigen Hautveränderungen im Kopfbereich wie angebrannte Milch in der Pfanne aussehen.
Beugenekzeme: Hautentzündungen in Armbeuge oder Kniekehle, die vor allem im Kindes- und Jugendalter auftreten.
Handekzem: Bei hautbelastenden Tätigkeiten entwickeln sich bei Erwachsenen leicht Neurodermitis-Symptome im Bereich der Hände.
Prurigo-Form: Juckende, tiefsitzende Hautknoten, die vor allem bei Erwachsenen auftreten.
Die vier Säulen der Neurodermitis-Behandlung
Auslöser identifizieren und meiden
Konsequente Hautpflege
Bei akuten Schüben: Antientzündliche Mittel
Patientenschulung
Weitere Neurodermitis-Formen sind:
Minimalvarianten der Neurodermitis: Trockene Haut, Hautrisse (Rhagaden) an den Ohrläppchen oder in den Mundwinkeln, rissige Füße (auch atopischer Winterfuß genannt) und Fingerkuppen sowie Brustwarzenekzeme zählen zu den Minimalformen der Erkrankung.
Sonderformen: Das sogenannte dyshidrotische Ekzem, das durch stark juckende Bläschen auf Hand- und/oder Fußinnenflächen bzw. in den Zwischenräumen zwischen Zehen oder Fingern gekennzeichnet ist, wird zu den Sonderformen der Neurodermitis gezählt.
Häufige Fragen rund um Neurodermitis
Wie erkenne ich, ob ich Neurodermitis habe?
Akute Neurodermitis: Typisch für einen akuten Krankheitsschub sind Hautrötungen, starker Juckreiz, Bläschen oder schuppige Flecken.
Chronische Neurodermitis: Bei längerem Bestehen der Erkrankung führt das ständige Kratzen zu Hautverdickungen (Lichenifikation). Auch eine vermehrte Schuppung, stellenweise Veränderungen der Hautfarbe oder Verhornungen können auftreten.
Die genauen Ursachen für die Entwicklung der Erkrankung sind bis heute noch nicht vollständig erforscht. Man geht davon aus, dass neben einer genetischen Veranlagung zu Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut auch das Immunsystem und verschiedene Umwelteinflüsse eine Rolle spielen. Mehr über die Ursachen
In welchem Alter fängt Neurodermitis an?
Häufig entwickelt sich eine Neurodermitis schon im frühen Kindesalter. Erste Symptome zeigen sich oft bereits bei Säuglingen.
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Hätten Sie's gewusst
Neurodermitis zählt zu den häufigsten entzündlichen Hauterkrankungen im Kindesalter.
Bei Neurodermitis ist die Barrierefunktion der Haut gestört. Das hat zur Folge, dass die Haut sehr trocken ist und ausgesprochen empfindlich reagiert. Mehr erfahren
Bei etwa zwei Dritteln der betroffenen Kindern verschwinden die Symptome bis zum Erwachsenenalter – es bestehen also gute Chancen, dass sich die Neurodermitis „auswächst“.
Milchschorf bei Babys kann ein erstes Anzeichen für eine Neurodermitis sein. Mehr erfahren
Hautrisse (Rhagaden) an den Ohrläppchen oder Mundwinkeln zählen zu den sogenannten Minimalvarianten der Neurodermitis.
Bei Neurodermitis ist die Hautflora verändert: Im Vergleich zu gesunder Haut ist die Vielfalt der Mikroorganismen reduziert. Zudem vermehren sich Staphylococcus aureus-Bakterien während akuter Krankheitsschübe oft sehr stark. Mehr erfahren
Schon leichte mechanische Hautreizungen, zum Beispiel durch kratzige Wollpullis oder scheuernde Nähte, können einen akuten Krankheitsschub auslösen.
Eine intensive Hautpflege ist ein grundlegendes Therapieprinzip bei Neurodermitis. Auch in Phasen, in denen die Haut „gesund“ aussieht, ist das tägliche Eincremen wichtig. Mehr erfahren
Je nach Alter der Betroffenen zeigen sich die Hautveränderungen bevorzugt an bestimmten Körperstellen. Ein starker Juckreiz und gerötete Hautstellen zählen zu den typischen Symptomen eines akuten Krankheitsschubs. Mehr erfahren
Neurodermitis tritt häufig in Kombination mit Nahrungsmittelallergien, Heuschnupfen oder Asthma bronchiale auf.
Eine doppelte Unterlid-Falte (Dennie-Morgan-Falte) und sogenannte Glanznägel zählen zu Auffälligkeiten, die bei Neurodermitis häufig vorkommen, aber für sich allein genommen keinen Krankheitswert haben. Mehr erfahren
Tipps bei Neurodermitis
1 / 7
Cremen, cremen, cremen
Eine konsequente Hautpflege ist bei Neurodermitis das A und O – das gilt auch in beschwerdefreien Phasen. Denn trockene Haut ist besonders empfindlich gegenüber Reizfaktoren und juckt häufig. Zudem kann sie auch Entzündungen auslösen. Wichtig ist bei der Hautpflege, dass die entsprechenden Produkte speziell bei Neurodermitis geeignet sind und die Zusammensetzung auf den aktuellen Zustand der Haut abgestimmt ist. Das bedeutet oft, dass verschiedene Produkte für die Pflege von unterschiedliche Hautarealen notwendig sind. Mehr über die Hautpflege bei Neurodermitis
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Die Haut besänftigen – nicht reizen
Die Haut bei Neurodermitis ist ständig in Alarmbereitschaft. Vermeiden Sie daher jegliche zusätzliche Reizung der Haut. Diese Tipps helfen, Ihre Haut zu schützen:
Nicht zu lange baden oder duschen
Lauwarmes statt heißes Wasser verwenden
Seifenfreie und pH-neutrale Waschgels nutzen
Die Haut nach dem Duschen bzw. Baden nicht abrubbeln, sondern nur vorsichtig abtupfen
Direkt nach dem Duschen bzw. Baden die Haut mit einem geeigneten Pflegeprodukt eincremen
Anfällige Hautpartien (z. B. Hände) mehrmals täglich eincremen
Die Hände bei Haus- oder Gartenarbeit mit Handschuhen schützen
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Die richtige Kleidung wählen
Ungeeignete Kleidung (z. B. aus Wolle) kann die Haut reizen und sogar einen akuten Neurodermitis-Schub auslösen. Umso wichtiger ist es, ganz genau darauf zu achten, mit welchen Textilien die Haut in Berührung kommt. Geeignet sind reine, unbehandelte, möglichst ungefärbte Stoffe mit glatten Fasern und Materialien, in denen die Haut atmen kann (z. B. Leinen, Seide, Baumwolle). Wichtig: Auch scheuernde Nähte oder enganliegende Shirts oder Hosen können die Haut reizen – deshalb lieber luftige Kleidungsstücke wählen.
Wer zu bakteriellen Infektionen der Haut neigt, kann auch auf spezielle Silberkleidung bei Neurodermitis zurückgreifen: Dabei handelt es sich um Kleidung aus Seidenstoffen mit einer speziellen antibakteriellen Beschichtung. Diese hat allerdings ihren Preis.
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Individuelle Provokationsfaktoren meiden
Welche Faktoren im Einzelfall Einfluss auf das Krankheitsgeschehen haben, ist individuell sehr unterschiedlich. Bei vielen Neurodermitis-Geplagten wirken zum Beispiel Allergene wie Pollen oder Tierhaare als Provokationsfaktoren, die akute Krankheitsschübe auslösen oder verstärken können. Bei anderen wiederum reagiert die Haut beispielsweise auf Tabakrauch. Daher ist es wichtig, dass die individuellen Auslöser ermittelt und dann so konsequent wie möglich vermieden werden.
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Den Teufelskreis aus Jucken und Kratzen unterbrechen
Jucken-Kratzen-Jucken – der ewige Teufelskreis bei Neurodermitis. Folgende SOS-Tipps können dabei helfen, den Juckreiz zu lindern:
Kühlende Umschläge (z. B. kalter Waschlappen)
Feuchtigkeitsspendende Cremes und Lotionen
Statt Kratzen: Die Haut z. B. klopfen oder kneifen
Juckreiz ausblenden: Die Umlenkung der Aufmerksamkeit kann mit Entspannungsmethoden wie der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson gelingen
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Den Stress-Level senken – Entspannung erlernen
Stress zählt bei vielen Betroffenen zu den klassischen Auslösern, die einen akuten Krankheitsschub triggern oder verschlimmern können. Daher ist es oft hilfreich, das persönliche Stress-Management unter die Lupe zu nehmen. Was löst Stress aus? Lassen sich Aufgaben delegieren? Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, spezielle Entspannungsmethoden auszutesten und zu erlernen. Infrage kommen zum Beispiel die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Yoga.
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Neurodermitis-Schulung
Ein eigenverantwortlicher, selbstbewusster Umgang mit der Erkrankung kann Betroffenen das Gefühl geben, wieder die Kontrolle über das eigene Leben zu erlangen. In einer Neurodermitis-Schulung werden wichtige Informationen zum Krankheitsbild sowie Strategien für den Alltag mit Neurodermitis vermittelt. Dieses Wissen kann dabei helfen, die Erkrankung besser zu verstehen und die Behandlung noch gezielter auf die individuellen Bedürfnisse der Haut abzustimmen. Das kann dazu beitragen, die Häufigkeit und Schwere von Krankheitsschüben zu reduzieren. Lassen Sie sich dazu von Ihrem Dermatologen beraten.
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Eine konsequente Hautpflege gehört zur Basistherapie. Bei akuten Schüben ist eine spezielle Behandlung erforderlich.